Im Sommer 2019 bin ich mit meiner Familie nach Stockholm aufgebrochen. Der Job meines Mannes hat uns in den hohen Norden geführt, wo wir zum Ziel hatten, für zwei Jahre zu bleiben. Daraus geworden sind letztlich eineinhalb Jahre. Die Pandemie hatte uns einen Strich durch die Rechnung gemacht. Leider. Und dennoch, heute, im Rückblick und bereits wieder zurück in der Schweiz, schauen ich und meine Familienmitglieder auf eine tolle Zeit zurück. Auf eine Zeit, die wir um kein Geld dieser Welt missen möchten. Denn trotz Pandemie, trotz Isolation, trotz teilweise grosser Skepsis gegenüber der Krisenbewältigung Schwedens in der Pandemie: Wir durften in einem Land mit einem tollen Gesundheitssystem leben. Wir konnten unseren Alltag mehr oder weniger so leben wie wir uns dies vor der Pandemie erhofft hatten. Und wir hatten die Möglichkeit, die Krisenstrategie zweier Länder hautnah mitzuerleben.

Kurzum: Ohne Pandemie hätten wir Stockholms Restaurants, Museen und Nachleben vermutlich noch etwas mehr ausreizen können. So aber haben wir die wunderschöne Landschaft sowie die Menschen in einer der grössten Krisen überhaupt besser kennengelernt. Auch dies hat seinen ganz besonderen Reiz und wird uns immer an diese verrückte und schöne Zeit in Stockholm zurückerinnern.

Die Welt der Expats

Als Journalistin interessierte mich nicht nur die Kultur der Schweden. Sondern es interessierte mich auch die Welt der Expats? Ich wollte nicht nur eintauchen in diese Welt, sondern sie auch möglichst gut ergründen. Wie ticken Expats? Wie schaffen sie es, nach zwei, drei Jahren Bleibe erneut in einem neuen Land Fuss zu fassen, um dann ihre Zelte wieder abzubrechen und weiterzureisen? Insbesondere die Pandemie führt und führte zu viel Verunsicherung. Die Heimat bekommt einen neuen Stellenwert. Grenzschliessungen führen zu schmerzhaften Planänderungen. Gerade vor wenigen Tagen musste mir meine kanadische Freundin erzählen, dass sie die Schwiegereltern nicht aus Amerika nach Kanada überführen kann, weil Europäer derzeit gar nicht nach Amerika einreisen können. Sie hat ihre in Kanada und Amerika wohnhaften Familienangehörigen seit über einem Jahr nicht mehr besuchen können.

Eine andere Freundin von mir, die ihren Aufenthalt in Stockholm abgebrochen hatte, musste erst tausende von Dollars auslegen, um überhaupt mit ihren beiden Kindern und ihrem Mann zurück in die Heimat reisen zu können. Die Grenzen waren mehr oder weniger dicht. Und endlich zu Hause im Westen von Australien angekommen, musste die Familie zuerst für vierzehn Tage in Quarantäne – in ein Hotelzimmer ohne jegliche Annehmlichkeiten. Wohlverstanden, das war nach einem 24 stündigen Flug und einer Fahrt mit Polizeibegleitung zum Hotel. Die Kinder hätten nur noch geweint. So entsetzt seien sie gewesen, weil sie nicht erfassen konnten, was eigentlich los war. Das Essen wurde dann in der Fortsetzung jeweils morgens vor die Hoteltüre gestellt. Waren Sie schon einmal für zwei Wochen mit Ihren Kindern und Ihrem Mann in einem Zimmer eingesperrt? Ich stelle es mir mehr oder weniger wie im Gefängnis vor. Dabei sprechen wir von der Ankunft zu Hause in der Heimat, wo sich die Grosseltern auf ihre Enkelkinder freuen. Wo man Freunde und Familie sehen möchte. Nicht so aber im Jahr 2020/2021. Später hat mir die Australierin erzählt, dass ihre Kinder immer noch Mühe haben, in einem geschlossenen Raum zu sein. Ich kann es sehr gut nachvollziehen.

Dutzende solcher Gespräche und Interviews helfen mir, diese Welt in Worte zu fassen. Und ja, nachdem ich so viel Zuspruch und so viele positive Rückmeldungen zu meinen Blogs über die Pandemie erhalten habe, schreibe ich nun ein Buch darüber, das im Frühling 2021 fertig gestellt sein wird. Ich freue mich schon jetzt auf die Publikation.

In diesem Sinne, Stockholm und unsere Reise in den hohen Norden – ja, das war ein Abenteuer. Ein grosses und unvergessliches. Schön, dass wir das erleben durften. Trotz alledem.

Was noch? Ich bin verheiratet, komme ursprünglich aus Luzern, arbeitete viele Jahre in leitenden Funktionen im Journalismus, bevor ich als Kommunikationsberaterin meine Arbeit beim CIO der Schweizerischen Versicherungsgesellschaft Mobiliar in Bern aufnahm und da auch die Strategiekommunikation mitverantwortete. Drei Jahre später zog es mich zurück in meine Heimatstadt Luzern, wo ich für einen Regierungsrat und sein Gesundheits- und Sozialdepartement die Kommunikation leitete.

Ja, und dann zog es mich und meine Familie nach Stockholm. Und nun ist dieses Abenteuer bereits wieder zu Ende. Ich bin gespannt, was als nächstes folgen wird. Ich lasse mich überraschen.

Herzlichst

Simone Hinnen Wolf